„Die Branche steht vor einer Zäsur. Nach Jahren, die trotz sinkender Auflagen Gewinne brachten, kommen nun viele Unternehmen in ernsthafte Bedrängnis.“ Der Druck auf Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, die hauptsächlich von ihren Print-Erzeugnissen leben, steigt, so die Analyse „Finanziellen Spielraum aktiv nutzen“ der Wirtschaftsprüfer von Deloitte, die heute veröffentlicht wurde. Die Auflagen gingen seit zehn Jahren kontinuierlich zurück, der deutsche Werbemarkt sei rückläufig: „Eine Entwicklung, die einerseits in den veränderten Gewohnheiten der Medienkonsumenten, andererseits in der aktuellen Konjunkturschwäche begründet ist“, schreiben die Autoren. Die Berater empfehlen den Verlagen: Konsolidierung, Diversifikation, Spezialisierung, Internationalisierung oder gar den „Gerodneten Rückzug“ und die „Desinvestition“.
Die Deloitte-Studie „Finanziellen Spielraum aktiv nutzen – Zeitungs- und Zeitschriftenverlage in konvergierenden Medienmärkten“ (kostenloser Download, PDF, 2,7 MB), in der 15 deutsche Verlagshäuser, 36 internationale börsennotierte Zeitungs- und Zeitschriftenverlage sowie 13 Medienkonglomerate analysiert werden, zeige, so die Autoren: Viele Verlage kommen nun in ernsthafte Bedrängnis.
„Neben den rückgängigen Werbebuchungen zeigt sich die Dramatik besonders deutlich bei den weiter ansteigenden Rabatten. Zusätzlich werden die Vertriebserlöse trotz einzelner Copy-Preiserhöhungen weiter schrumpfen. Das traditionelle Geschäftsmodell der Verlage ist gefährdet“, so Klaus Böhm, Director Media bei Deloitte, laut Pressemitteilung
Ein (noch) vorhandener finanzielle Spielraum lasse den Verlagen jedoch einige Bewegungsfreiheit, um dem Abwärtstrend aktiv gegenzusteuern. Deloitte hat hierzu sechs strategische Handlungsoptionen identifiziert: aktive Konsolidierung, Diversifikation, Internationalisierung, Fokussierung auf Nischenmärkte, geordneter Rückzug und Desinvestition.
Mit über 150 Transaktionen hätten deutsche Verlage zwar in den letzten zwei Jahren viele Initiativen zur Anpassung ihrer Geschäftsmodelle an die Konvergenzentwicklung im Technologie-, Medien- und Telekommunikationsmarkt ergriffen. Eine „Entspannung ist dennoch nicht in Sicht“, so Deloitte. „Im Gegenteil: Die internationale Entwicklung – insbesondere in den USA – lässt Einbrüche befürchten.“
Trotz vieler Herausforderungen seien die deutschen Unternehmen gut aufgestellt. Im Vergleich zur internationalen Konkurrenz setzten sie ihr Kapital effizienter ein und erwirtschafteten zuletzt höhere Kapitalrenditen, ermittelkten die Wirtschaftsprüfer. Das bedeute: „Es existiert Spielraum zur Nutzung verschiedener strategischer Handlungsoptionen, um sich für die Zukunft entsprechend aufzustellen“.
Für die Berater von Deolitte ergeben sich diese „Strategischen Handlungsoptionen“ für Verlage:
- Aktive Konsolidierung – mit dem Ziel einer Markt- und Kostenführerschaft im Printgeschäft.
- Diversifikation zu einem integrierten Medienkonzern – mit dem Ziel, digitale Wachstumsmärkte zu erschließen und Synergien zu schaffen
- Internationalisierung – mit dem Ziel, außerhalb des gesättigten deutschen Marktes zu wachsen
- Fokussierung auf Nischenmärkte – mit dem Ziel, spezielle Informations- und Unterhaltungsbedürfnisse abzudecken
- Geordneter Rückzug – mit dem Ziel, loyale und zahlungsbereite Leser zu halten, um den Free Cashflow zu optimieren
- Desinvestition – mit dem Ziel, über einen kurzfristigen Marktaustritt den maximalen Verkaufserlös zu erzielen
„Ein Rückzug ist natürlich Ultima Ratio. Es gibt vieles, das vorher greifen kann. Der finanzielle Spielraum, den die Verlage noch haben, sollte genutzt werden, um eine aktive, gestaltende Rolle im strukturellen Wandel zu übernehmen. Bestehende Optionen müssen zeitnah quantifiziert und bewertet werden, um tragfähige Zukunftskonzepte entwickeln zu können“ betont Dr. Heinrich H. Förster, Partner Corporate Finance bei Deloitte.
„Interessant ist auch, was den Deloitte den Verlagen NICHT rät“, schreibt Ulrike Langer zur Studie bei Mediadigital. Und zwar Ratschläge wie diese:
- „Versucht, unter Wiederholung der ewig gleichen Parolen (z.B. auf Medienkongressen) wie ”Qualitätsjournalismus muss auch im Internet seinen Preis haben” oder ”Das Netz darf kein rechtsfreier Raum sein” oder ”Die Kostenloskultur im Internet muss ein Ende haben” Bezahlmodelle für Allerweltsjournalismus einzuführen, die durch Boykott leicht ausgehebelt werden können, weil es immer jemanden geben wird, der Allerweltsinhalte im Netz kostenlos anbietet.
- Lobbyiert für eine „Leistungsschutzabgabe“, die das Verlinken zu Euren Netzangeboten kostenpflichtig macht, damit weniger Nutzer Eure Angebote finden und Eure Werbeeinnahmen sinken.
- Wenn Ihr die Leistungschutzabgabe nicht bekommt, dann plädiert zumindest für eine ”Kulturflatrate” als Zwangsabgabe für zahlungsunwillige Nutzer und sorgt dann dafür, dass Begriff Kultur im Netz möglichst eng angelehnt ist an das, was Zeitungen produzieren.“ (Ulrike Langer, Mediadigital)
Dieser Analyse kann ich Ulrike Langer nur zustimmen.
Es wäre sehr schade, wenn Printmedien auf die Dauer ganz verschwänden…dann kann man sich auf dem Weg zur Arbeit in der U-Bahm weder hinter der Zeitung verstecken, noch durch das Rascheln andere zur Weißglut bringen…Ich glaube, in einigen Generationen wird die papierne Zeitung wieder zurückkommen; dann wird es Kult sein, diese Tradition zu pflegen…
Auch heute, gut 14 Monate nach dem dieser Artikel erschienen ist, hat er nichts von seiner Aktualität verloren.
Während viele Branchen wieder den entlastenden Aufschwung verspüren, kann die Verlags- und Druckindustrie dergleichen leider nicht melden. Das monatliche Konjunkturbarometer des Bundesverbandes Druck und Medien e. V. spricht da eine nur zu deutliche Sprache.
So scheinen wirklich die Recht zu behalten, die noch weitere 4 schwere Jahre für das Verlagswesen und die Druckindustrie prognostizieren.
Printmedien werden sicherlich nicht ganz vom Markt verschwinden aber ob sie Ihre bisherige Führungsrolle werden behalten können, ist zu bezweifeln.